allegra muesste eigentlich heute nacht nach beirut fliegen...abends um neun hin und sofort wieder zurueck... hiesse morgen frueh um sieben wieder zuhause zu sein und die ganze nacht auf den beinen...allegra gruselte es schon allein bei der vorstellung und so stellte sie schon vor wochen einen antrag auf flugplanumlegung...
...niente...keine reaktion...nix...also greift allegra heute morgen zum hoerer und ruft unten in rom im "uffico turni" an...
allegra: "ciao, na wie gehts? alles bestens? sagt mal ich muesste heute nacht nach beirut fliegen, hatte auch einen antrag auf flugplanaenderung gestellt, aber irgendwie noch nix von euch gehoert...mhhh...gibts da eventuell irgendwelche veraenderungen?"
uffico turni: "nach beirut? nee, du fliegst heute am spaeten nachmittag nach kiew...hast morgen aufenthalt bis 15 uhr und bist dann morgen abend um sechs wieder zurueck."
allegra:"ach? das wusste ich noch gar nicht...na gut das ich mich noch mal gemeldet habe *rollt augen*....supi...klasse."
ufficio turni: "siehste...so bist du gluecklich und wir auch...alles in butter."
italien eben...wieder alles easy suedlich der alpen... ;-)
"hallo bella italia" hiess es fuer mich in den letzten tagen...denn zerrissenheit hin...zerrissenheit her...irgendwann musste ich wieder in die gruene uniform springen...das koefferchen packen und die melancholie melancholie sein lassen...
"augen auf!" rief mir das leben zu und schickte mir eine crew, deren einzelne mitglieder mit den schoensten oder eben manchmal auch schmerzhaftesten lebensgeschichten aufwarten konnten und mich gerne daran teilhaben liessen...
und so lernte ich einen kollegen kennen, der seit 33 jahren bei uns an board fuer die sicherheit der notrutschen und die kulinarische befriedigung unserer passagiere zustaendig ist...33 jahre flugbegleiter...seit 33 jahren pendelte er mit einem kleinen ort im sueden von sizilien...die eigenen haustuer aufzuschliessen heisst fuer ihn: flieger nach palermo und dann nochmal 125 km autofahrt...ende mai geht er in rente und sein flugplan fuer mai liest sich wie der reiseplan fuer eine weltreise...
"sechsundreissigstunden in valencia? wahnsinn...da kannst du dir den america's cup angucken....new york city als letzten flug? was fuer ein abschluss!...miami?...einen tag aufenthalt in london und auch noch in florenz? hoer' auf, ich werde neidisch!"
(es stimmt also doch, dass unser arbeitgeber die in rente gehenden in ihrem letzten arbeitsmonat mit einen traumflugplan "verwoehnt"...und ich dachte, es waere ein geruecht)...egal...der gute kollege war, um es vorsicht auszudruecken, schon etwas angegraut und ich musste ihm zwar waehrend des duty-free verkaufs an board die preise vorlesen, weil er selbst mit brille entweder nicht richtig lesen konnte, oder...was ich eher glaube...einfach keine lust mehr hatte sich so zu stressen aber egal...dieser mann hatte die ruhe weg...rauchte wie ein schlot...regte sich ueber gar nichts...rein gar nichts mehr auf...war humorvoll..."jedesmal wenn ich mich im spiegel ansehe, bin ich beeindruckt von meiner unglaublichen schoenheit!" liess er uns maedels, die allesamt seine toechter haetten sein koennen, wissen als er aus der toilette kam und streitendende englische passagiere entwaffenete er einfach, indem er die schultern hob und kein englisch verstand. ob letzteres ein gutes licht auf unseren arbeitgeber fallen laesst sei dahingestellt, aber es beschreibt eben sehr gut seine "absolute ruhe und gelassenheit"...
dunque, comunque, allora, insomma hier muss nun auch mal gesagt werden, dass manche passagiere in ihrem verhalten sehr, sehr unangenehm sind...und wenn ich einen brief an einen passagier schreiben wuerde, wuerde ich ihn wahrscheinlich so formuliern:
lieber passagier,
es freut mich, dass sie mit uns fliegen und wir werden versuchen ihnen die zeit an board so angenehm wie moeglich zu gestalten, aber nein...nein wir sind kein ristorante...nein wir kochen unsere pasta nicht selbst und es gibt bei uns an board auch keinen cappuccino. auf einem zwei stunden flug etwas essbares zu servieren hat in erster linie zwei hintergruende: erstens ueberbrueckt man so die zeit und zweitens spielt da auch die psychologie mit ein....denn...in einem doch sehr fremden ambiente, weit oben im himmel mit einem affenzahn in einem tubo di ferro von A nach B transportiert zu werden ist nicht jedermanns sache....in diesem fall schafft man mit der befriedigung eines der grundbeduerfnisse des menschen vertrauen und eine art "heimeliges gefuehl", so hoffen wir. nichtsdestotrotz ist es voellig unsinnig auf einem 50 minuten flug zehnmal nach wasser zu fragen...50 minuten schafft man es auch im auto zu sitzen und gar nichts zu trinken....wenn man so gestrickt ist, dass man sehr viel trinkt, sollte man eventuell in erwaegung ziehen sich von vorneherein eine flaschen wasser mitzunehmen, denn unsere hauptaufgabe ist nicht die eines kellners oder einer kellnerin...unsere hauptaufgabe ist es...und hier entschuldigen sie bitte die wortwahl....ihren verdammten arsch aus dem flieger zu retten, im falle einer notsituation. und das wuerde jeder von uns auf der stelle tun...ohne mit der wimper zu zucken. genauso wie wir ihnen ohne weiteres eine herzmassage anbieten koennen, fuer den fall, dass diese von noeten waere. auch trocknen wir die traenen ihrer kinder, die nach scheidung der eltern von land A (dort lebt die mutter) nach land B (dort der vater) geschickt werden und die einem oftmals waehrend des fluges entweder heulend an der brust oder kotzend ueber der kloschuessel haengen, waehrdend man ihnen den kopf haelt. alles sehr menschlich...aber man sollte nicht vergessen, dass die "limitierte zeit" in einem derart "fremden" ambiente eben oftmals sehr extreme reaktionen ausloesen kann. drum moechte ich sie freundlichst bitten, bei ihrem naechsten flug dies alles zu beachten...sich zu entspannen und auch mal 5 gerade sein zu lassen. wo kaemen wir denn hin, wenn alles nur schwarz oder weiss waere...wenn es nur ja oder nein gaebe?
wir befinden uns dort oben in der luft alle in einem relativ engen raum. wir bieten ihnen einen ausblick, den ihnen sonst so schnell keiner bieten kann...sonnenschein gibts gratis dazu. bedenken sie das sie gast bei uns sind und wir... als gastgeber... immer versuchen wuerden ihnen das leben zu retten...und ihnen bei panikattacken mit rat und tat zur seite zu stehen. bedenken sie dies alles und vergessen sie nicht: wir sind kein spitzenrestaurant und es geht hier auch in erster linie nicht ums essen...
das waere doch viel angenehmer an einem gedeckten tisch mit blick auf's meer, oder?...
herzlichst ihre XXX....
so und eigentlich wollte ich hier ja auch noch beschreiben, wie unsere purserin ihre grosse liebe in paris fand...unser crewbusfahrer seinen sechzehnjaehrigen sohn bei einem motorinounfall verlor und das ganze land erschrocken ist ueber den tod eines jungen maedchens, die in der roemischen metro von zwei frauen beklaut werden sollte...so schien es...sich wehrte...der streit eskalierte und der von einer der beiden die spitze eines regenschirmes direkt durch das auge ins gehirn gerammt wurde...und ein ganzes land fassungslos den kopf schuettelt...
aber ich denke dieser blumenstrauss an gefuehlen reicht erstmal fuer heute...seid nett zueinander...es lohnt sich immer !!!
elsa hat hier die wunderbare und sehr einleuchtende loesung fuer mein "zerrissenheitskarussell" gefunden...
